La vie en rose: Die Berichtsaison überraschte positiv wie unerwartete Gehaltserhöhungen, die deutsche Wirtschaft erholt sich dramatisch und der Aktienmarkt beweist eigentlich immer noch Steherqualitäten. Und die Finanzkrise? Hat sie nicht schon lange ihren Schrecken verloren? Insgesamt also ein Sommermärchen, oder?

Na ja, bei näherer Betrachtung lassen sich schräge Quertöne nicht überhören. Die Treiber der imposanten wirtschaftlichen Happy Hour sind v.a. die nachgeholten Lagerinvestitionen und die staatlichen Konjunkturprogramme. Mittlerweile sind aber die Lager wieder fast voll. Zudem scheinen einige Finanzminister Selters in die hochprozentige Partybowle schuldenfinanzierter Alimentierung zu gießen. Aber auch die neuen Felsen von Gibraltar - die Schwellenländer - zeigen mitunter Sprünge im Konjunkturfels wie z.B. Immobilienblasen. Und Amerika? Im Augenblick scheint das frühere Geschäftsmodell „Kreditfinanzierter Konsum“ seinen Charakter als erfolgreicher Evergreen zu verlieren.

Ist also insgesamt das Strohfeuer abgebrannt? Kommt jetzt der deflationäre Gipfelabstieg?

Nein, damit ist nicht wirklich zu rechnen. Zunächst bleibt die deutsche Erfolgsformel einer exportorientierten Industrienation ein Schlager. Denn nicht nur die Schwellenländer wollen ihr Produktivkapital weiter aufbauen. Auch die USA werden als neues Geschäftsmodell über eine Modernisierung ihrer verstaubten Industriekultur nachdenken müssen. Da helfen wir mit unserem Know How doch gerne.

Außerdem nehmen Finanz- und Geldpolitik Deflationstendenzen weiter gemeinsam in die Zange. Die staatlichen Sparbemühungen sind global ohnehin eher homöopathischer Natur, da die Politik weiß, dass unser Schuldensystem zum Überleben auf neue Schulden angewiesen ist: Sperren sich Private vor neuen Krediten, springt der Staat ein. Vergessen wir bitte auch nicht die Not(en)banken. Mit einem massiven Breitbandantibiotikum entfernen sie sorgfältig die Risikobakterien aus den Finanzmärkten und der Konjunktur. Sie sorgen für musikalische Unterhaltung nach dem Motto: We have ways of making you dance.

Man mag sich über diese instabilen Maßnahmen, die früher oder später zu Inflation führen, beklagen. Aber damit es nicht zum Gipfelabstieg der Konjunktur und der Finanzmärkte kommt, muss man sie in Kauf nehmen. Denn nur weil die Schwiegermutter bei der A- und B-Note durchfällt, verzichtet man ja dennoch nicht auf ihre liebreizende Tochter.

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